Die unschönen Seiten der Zucht

Bei vielen Halterrn kommt der Wunsch auf, mal eben einen Nistksten in den Käfig zu hängen, da Küken ja so niedlich sind. Ohne Frage, das sind sie, nur ist es leichtsinnig, mal eben ohne Ahnung und Wissen und einen erfahrenen Züchter an der Seite, den man jederzeit kontaktieren kann, auf eigene Faust den Wellensittichen einen Nistkasten anzubieten. Viele Wellensittich-Liebhaber sind sich der ganzen Risiken gar nicht bewusst. Sie wissen nicht, was sie in einer bestimmten Situation tun müssen. Viele Kinder oder sehr junge Jugendliche äußern oft diesen Wunsch, aber auch Neulinge in Sachen Wellensittich-Haltung.

Eine Frage, die man sich stellen sollte: Wenn alles gut geht, wunderbar, aber was ist, wenn etwas schief läuft wie rupfende Hennen, verstorbene und von Eltern getötete Küken? Ist man dann immer noch so glücklich oder macht man sich dann eher Vorwürfe, für den Tod von den kleinen zarten Wellensittichen verantwortlich zu sein?

In diesem Artikel kommen u.a. auch Züchter zu Wort, die ihre unschönen Erlebnisse schildern. Es geht hier nicht darum, Menschen generell vom Züchten abzuhalten, sondern eher darum aufzuzeigen, dass beim Züchten nicht alles "Friede, Freude, Eierkuchen" ist.

Was so alles passieren kann

  • Küken, die beim Schlupf sterben, weil sie nicht genug Kraft haben, sich aus dem Ei zu befreien.
  • Frisch geschlüpfte Küken, die von der Henne nicht angefüttert wurden und kurz nach dem Schlupf gestorben sind.
  • Sehr junge Küken, die von der Henne oder älteren Geschwistern zerdrückt werden.
  • Sehr junge Küken, denen Zehen, Füße, Flügel angefressen/abgefressen wurden (also "Kannibalismus").
  • Küken, die gerupft wurden, manchmal werden sie sogar bis aufs Blut gerupft wird.
  • Küken, die von den Eltern im Kasten attackiet und schwer verletzt werden, insbesondere abgetrennter Oberschnabel bzw. aufgehackte Kopfhaut.
  • Küken, die nach Verlassen des Nistkastens von den Eltern insbesondere vom Hahn bedrängt und verletzt werden.

Mit den Eiern kann auch einiges passieren:

  • Es kann Windeier geben.
  • Eier mit Kalkstörungen.
  • Die Henne bebrütet die Eier nicht
  • Die Eier können zerstört werden (z.B. aus den Nistkasten geworfen).
  • Die Eier können von der Henne gefressen werden.
  • Die Eier können absterben.
  • Die Jungen können im Ei "ertrinken"

Wellensittich-Henne frisst Eier

Ich bekam meinen ersten Wellensittich mit ca. 11 Jahren. Ihr Name war Tweety, eine Lutinohenne. Sie hatte bereits Zuchterfahrung, kam wohl "schwanger" zu mir, da ich keinen zuchtfähigen Hahn hatte (über 10 Jahre alt damals). Ich hatte keine Erfahrung in irgendeiner Hinsicht. Irgendwann hatte sie eine "passende" Höhle in einem Regal gefunden und schon bald lag das erste Ei darin. Ich hatte solche Angst um sie, dass ich ihr einen Brutkasten gab. Wir fuhren in den Urlaub, mein Vater sah jeden Tag nach ihr und versorgte die Vögel. Jeden Tag schickte er eine SMS: "Ei zwei ist da. Ei drei ist da." usw. Als ich nach Hause kam, lagen die Eier auf dem Boden, sie hatte sie aus dem Kasten geworfen und begann sie zu essen. Ich war natürlich total enttäuscht, jetzt im Nachhinein aber unendlich froh dass sie alles überlebt hatte.

Ich kann nur jedem in diesem Sinne - wenn es auch kein heftiges Beispiel ist - raten, auf keinen Fall einen Brutkasten anzubieten und peinlichst genau zu beobachten, ob die Hennen Nester finden bzw sich herrichten. Es kann schlimm ausgehen. Ohne Wissen und Vorkenntnisse (und auch ohne evtl. befreundeten Züchter, der einem zur Seite stehen kann) niemals Züchten!

Wellensittich-Henne füttert Küken nicht

Im April 2011 erwarb ich die Zuchtgenehmigung. Da alles so schön vorbereitet war, bezogen auch bald drei brutunerfahrene Paare die Zuchtboxen. Wir hatten uns viel angelesen und haben viele Info`s förmlich aufgesaugt.

Es dauerte nicht lange und wir konnten uns über das erste Ei freuen. Aber irgendwann verging die Freude und Sorge machte sich breit. Wir waren von ca. 5-6 Eiern pro Paar ausgegangen und nicht von 11, 9 und 7 Eiern. Bei der Henne mit den sieben Eiern waren auch unbefruchtete bei.

Irgendwann war auch das Knabbern und Fiepen des ersten Kükens zu hören. Die ganze Familie freute sich wie Bolle, als wir das erste geschlüpfte Küken sahen. Die Henne machte bloß keine Anstalten, ihr Junges zu füttern. Wir hofften inständig, konnten aber ein paar Stunden später nur noch das Küken tot und verhungert aus dem Nistkasten bergen. Ich werde die weinenden Gesichter meiner Familie wohl nie aus meiner Erinnerung verbannen können.

Mittlerweile war auch das Küken bei der anderen Henne geschlüpft. Und warum fütterte die auch nicht? Trotz des vielen Angelesenen standen wir auf dem Schlauch und hatten einen riesigen Kloss im Magen.

Durch einen Anruf bei einem erfahrenen und vor allen befreundeten Züchter wurden wir belehrt, dass die unerfahrenen Hennen total überfordert sind. Die Gelege seien so groß und die Hennen müssen ja alle paar Minuten die Eier drehen, so dass sie von den Bettelrufen der Küken nicht animiert werden. Wir sollten versuchen das Junge mit einer lauwarmen Mischung aus fetthaltiger Kondensmilch und Wasser soweit zu stärken, dass das Küken weiterbettelt und nicht auf einmal entkräftet Ruhe gibt und stirbt. Aber ganz so oft sollten wir in Hinsicht dessen, dass die Henne das auch lernen muss, nicht machen. Ansonsten wird wohl jedes schlüpfende Küken elendig verhungern.

Das klappte auch recht gut, zumindest lebte am nächsten frühen Morgen das Junge noch. Da unsere damalige zwölfjährige Tochter schulfrei hatte, erklärte sie sich bereit, im Laufe des vormittags noch mal in den Nistkasten zu schauen, um noch mal nach zu füttern.

Als ich auf der Arbeit einen Anruf von Zuhause bekam und heftiges Schlucken und Weinen meiner Tochter hörte, war mir klar, was das hieß. Auch das zweite Küken war verhungert. Und sie hat das tote Küken gefunden.

Inzwischen war das Geschwisterchen von dem ersten verstorbenen Küken geschlüpft, nein, es wurde auch nicht gefüttert. Es war schon fast tot, als wir es sahen und die Kondensmilch wieder zum Einsatz brachten. Ein paar Stunden später war es gefüttert, aber nicht mit der Kropfmilch der Mama, sondern hatte den Kropf von seinem Vater (er war gerade dabei, als ich die Klappe vom Nistkasten öffnete) voll gefüllt bekommen mit Hirse und Kanariensaat. So etwas bedeutet für ein frisch geschlüpftes Küken den Tod. Es kann die Körner noch nicht verdauen und erstickt daran. Es war mit Sicherheit keine böse Absicht von ihm.

Ich denke nicht gerne an unseren Anfang der Zucht zurück. Aber auch dieses gehört zur Zucht und auch mehr. Meine Tochter hat heutzutage noch daran zu knabbern. Wenn sie weiß, dass in einem Nistkasten ein Schlupf bevorsteht, klopft sie vorsichtig an die Tür des Nistkastens, um die Henne sanft zu bitten, ihr Gelege mal eben zu verlassen. Sie schaut erst wieder hin, wenn sie merkt, dass alles tutti ist.

Henne während der Brut gestorben

Ich kann leider auch einen kleinen Beitrag zu diesem Thema leisten. Zum Glück nicht so schlimm, wie bei den beiden Vorschreibern. Das Ereignis geschah Anfang 2013.

3 Paare waren am brüten bzw. hatten schon Küken im Nistkasten. Als eines Morgens bei meiner Begrüßung eine Henne nicht in ihrem Kasten auf dem ein Tag alten Küken saß und ein Küken fehlte, ich suchte sie

Sie kauerte in einem fremden Kasten bei den fast flüggen Küken. Und wie ein Wunder bin ich beim Suchen nicht auf das verloren geglaubte Küken getreten, denn es lag unten auf dem Volierenboden.

Lange Rede - kurzer Sinn. Meine arme Henne verstarb noch bevor ich mit ihr zum Tierarzt gehen konnte. Die beiden Küken und die 2 Eier musste ich anderen Hennen unterschieben und alle Vier sind wohlauf.

Küken aus Nistkasten gefallen

Das Schlimmste, was ich mal erlebt habe war, dass die Henne versucht hat, dem Küken aus dem Ei zu helfen, was ja eigentlich vollkommen legitim ist, aber sie hat dabei aus Versehen den unteren Teil des Flügels erwischt und das Küken hatte hinterher nur einen halben Flügel. Das Küken selbst hat die ganze Sache aber dennoch gut überstanden und Fiete ist hinterher mit seinem Bruder Richtung Hamburg gezogen, als sie groß war.

Das Zweite, was ich noch schlimm fand war, dass ein Küken mal so dumm aus dem Kasten gefallen ist, dass es wohl innere Blutungen bekommen hat und kurze Zeit später in meinen Händen verstorben ist.

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