Grabmilben / Räudemilben / Parasiten (Knemidocoptes)
Verwirrend sind hier oft die verschiedenen Bezeichnungen, die für den Befall mit diesen Parasiten im Umlauf sind: Schnabelräude, Schnabelschwamm, Kalkbeinräude oder auch Vogelräude. Gemeint ist aber immer der Befall mit der Grabmilbe Knemidokoptes pilae.
Definition
Grabmilben wie auch Räudemilben gehören zur Gattung Knemidocoptes, sie umfasst mindestens vier Arten.
Die Grabmilbe Knemidokoptes pilae ist Verursacher der Schnabelräude und am häufigsten bei Wellensittichen zu finden. Diese Milben sind rundlich-oval und zwischen 220 µm x 150 µm (Männchen) und 356 µm x 300 µm (Weibchen) lang, also mit bloßem Auge nicht erkennbar und leben von der Hornsubstanz wie z.B Schnabel oder Wachshaut, die sie mit eigenen Enzymen auflösen. Diese Milben leben permanent auf ihrem Wirt und verlassen ihn nicht. Daher muss mit geeigneten Maßnahmen behandelt werden.
Diese Parasiten graben sich hauptsächlich in die unbefiederten Bereiche ein, wie Schnabel, Wachshaut, Beine, Krallen, Augenlider und Kloake. Sie leben vom Keratin, welches bei Vögeln in Hornhaut, Haut und Federn vorkommt.
Ansteckung / Übertragung
Nur über Kontaktinfektion, von Vogel zu Vogel oder Übertragung im Nestlingsalter vom Elternvogel zum Küken z.B. beim Füttern oder Schnäbeln. Für Menschen besteht keine Gefahr.
Symptome
Die Symptome des Grab- u. Räudemilben-Befalls erkennt man oft erst im Spätstadium.
Charakteristisch sind Schnabel- und Wachshautveränderungen: Es bilden sich borkige grau-weiße Wülste an den Schnabelwinkeln, später ziehen sich dann ebenfalls grau-weiße poröse Beläge oder eine schwammartige Wucherung am Schnabelansatz und in extremen Fällen weitet es sich auch auf Nasen- und Augenbereich aus. Im Anfangsstadium kann auch ein schuppig aussehender Schnabel auf einen Befall mit Grabmilben hindeuten.
Abgesehen von den sichtbaren Anzeichen am Schnabel-Augenbereich oder an den Beinen oder der Kloakenregion, kann der Wellensittich folgende Symptome zusätzlich zeigen:
- Vermehrtes Kratzen(Juckreiz)
- Vermehrtes Reiben der befallenen Bereiche an Gegenständen
- Unruhe
- Missbildung des Schnabels
- Brüchiger Schnabel
- Tiefe Löcher (Bohrgänge) im Schnabelhorn
Wenn nichts unternommen wird, kann es im fortgeschrittenen Stadium zu einer Schnabelperforierung- und -Missbildung kommen und damit eine Erschwerung der Nahrungsaufnahme.
Diagnose
Ein Befall ist aufgrund der Beläge und Bohrgänge äußerlich mit bloßem Auge gut zu erkennen. Zur ganz sicheren Abklärung kann der Tierarzt ein vorsichtig gelöstes Borkenstück unter dem Mikroskop untersuchen und Grabmilben nachweisen.
Behandlung
Es gibt keine vorsorgliche Behandlung, es empfielt sich aber, generell das Immunsystem der Vögel zu stärken. In einer Partnerschaft kann man aber davon ausgehen, dass sich auch der Partnervogel angesteckt hat, sobald sie engen Körperkontakt hatten.
Tierarzt: Auftragen eines Kontaktinsektizids in den Nacken (Spot-on), als Injektionslösung oder oral - abhängig von der Vogelart und dem Gewicht. Es soll bei oraler Ivermectin-Behandlung zu Todesfällen gekommen sein. Dabei kann es sich um eine Überdosierung, einer Nebenwirkung oder Allergie gehandelt haben. Bei anschließenden oder verspäteten allergischen Reaktionen sollte der Tierarzt konsultiert werden, der evtl. ein schnellwirksames Cortisonpräparat injiziert, um die überschießende Abwehr zu unterdrücken.
Alternativ bei leichten Fällen: Tägliches Betupfen mit Olivenöl auf die betroffene Stelle. Diese Behandlung ist sehr langwierig und führt nicht immer zum Erfolg. Das Öl darf auf KEINEN FALL im Schnabel, in die Nasenlöcher oder Augen gelangen und nicht geschluckt werden - Erstickungsgefahr!
Alternativ: Bei Befall ist auch eine Behandlung mit Perubalsam möglich. Dieser Balsam dringt in die Bohrgänge der Milben ein, verstopft diese und lässt die Parasiten ersticken. Dazu werden die betroffenen Stellen mit dem Balsam bestrichen. Nach einigen Tagen können die so eingeweichten Wucherungen vorsichtig entfernt werden. Diese Behandlung sollte nach zwei Wochen wiederholt werden.
Halter: Massage der infizierten Stellen mit Olivenöl oder Vaseline. Dabei Vorsicht walten lassen, es dürfen keine Öle, Flüssigkeiten oder sonstige Mittel in die Nasenlöcher gelangen, es besteht dann Erstickungsgefahr.
Generell: Sauberkeit und Hygiene ist nie verkehrt - während der Behandlung alle Gegenstände gut mit Apfelessig reinigen, anschließend klarspülen und abtrocknen.
Behandlungsdauer:
Ivermectin (Ivomec®): Da das Insektizid nur die aktiv fressenden Milben abtötet und nicht die Eier erwischt, die nach wenigen Tagen schlüpfen und wiederum zu erwachsenen Milben heranreifen, muss die Behandlung nach 7 bis 10 Tagen wiederholt werden. Normal sind ca. 3 Behandlungen im genannten Abstand.
Selamectin (Stronghold®) ist ein Langzeit-Therapeutikum und wirkt ca. 4 Wochen. Die Wirkung schwächt sich gegen Ende rapide ab, von daher muss bei sehr starkem Befall die Behandlung wiederholt werden.
Was ist die Spot-on Methode?
Hierbei wird mittels einer Pipette ein Kontaktinsektizid in den Nacken geträufelt, eine Stelle, die der Wellensittich nicht mit seinem Schnabel erreichen kann. Das Mittel muss die Haut benetzen, sonst wirkt es nicht und sollte anschließend gut trocknen (damit es nicht abgeleckt werden kann). Das Insektizid zieht in die Haut ein, verteilt sich im Körper und erreicht die gefräßigen Milben. Bis sich die Symptome bessern, kann einige Zeit vergehen. Oft wird eine zweite Behandlung nach etwa 10 Tagen vom Tierarzt verordnet, damit auch die nachreifenden Milben erwischt werden. In ganz schweren Fällen kann auch eine dritte Behandlung nötig sein.
Das häufigste Mittel, welche bei Grabmilben- und Räudemilben-Befall vom Tierarzt angewandt wird, ist Ivermectin (Handelsname Ivomec ®). Die Behandlung erfolgt zwar 2-3 mal im Abstand von gut einer Woche; das sollte man wegen Überdosierungsgefahr nicht selber machen, sondern vom vogelkundigen Tierarzt (ein Tierarzt, der eine Zusatzausbildung für Vögel besitzt).
Anmerkung
Einige Vogelhalter schwören wegen der stressfreien Behandlung auf sogenannte Milben-Strips, die im Handel käuflich zu erwerben sind und um die Sitzstange gelegt wird. Es sei aber darauf hingewiesen, dass hier der Wirkstoff Tetrachlorvinphos enthalten ist, der zwar als wenig toxisch, dafür aber als krebserregend eingestuft ist. Er wird auch bei Hunde in sogenannte Floh- und Zeckenhalsbänder eingesetzt. Es handelt sich dabei um ein Pflanzenschutzmittel, welches als solches in einigen Ländern nicht mehr zugelassen ist. Außerdem müssen die Strips auf wirklich alle Sitzstangen angebracht werden, oft ist es aber so, dass die Vögel genau davor Angst haben und sich vielleicht nur daneben setzen.